Kündigung

Kündigung einer Mietwohnung oder eines Mietshauses

Die Beendigung eines Mietverhältnisses ist eines der sensibelsten Themen des deutschen Mietrechts. Sie betrifft nicht nur das Recht auf angemessenen Wohnraum, sondern – insbesondere bei einer Kündigung durch den Vermieter – auch das Grundrecht auf Eigentum. In der Praxis entscheidet eine saubere rechtliche und organisatorische Abwicklung darüber, ob auf beiden Seiten Kosten, Nerven und Zeit gespart werden. Der folgende Beitrag bündelt die wichtigsten gesetzlichen, praktischen und taktischen Aspekte – von den Formalien über Sonderkündigungsrechte bis hin zu Checklisten und Mustertexten. Damit richtet er sich gleichermaßen an Mieter *innen, Vermieter *innen und Bewohner *innen von Wohngemeinschaften (WGs).


1. Ordentliche Kündigung durch den Mieter (§ 573c BGB)

Kernregel: Eine ordentliche Mieter­kündigung ist jederzeit mit dreimonatiger Frist möglich – unabhängig von der Mietvertrags­dauer. Eine längere Vertragsbindung (z. B. fünf Jahre) kann nur wirksam vereinbart werden, wenn sie ausdrücklich im Vertrag steht und maximal vier Jahre umfasst (§ 557a BGB).

1.1 Form, Zugang & Nachweis

  • Schriftform: Die Kündigung muss im Original unterschrieben sein (nasse Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur). Eine E-Mail, ein Fax oder ein PDF ohne qualifizierte Signatur ist unwirksam (§ 568 Abs. 1 BGB).
  • Zugang: Die Frist beginnt am Tag nach Zugang beim Vermieter – nicht am Tag der Absendung. Übergeben Sie das Schreiben persönlich mit Zeugen, nutzen Sie Einwurfeinschreiben oder lassen Sie den Zugang notfalls durch einen Boten protokollieren.
  • Fristberechnung: Geht die Kündigung spätestens am dritten Werktag (inkl. Samstag) eines Monats ein, zählt dieser Monat noch mit. Beispiel: Zugang am 02. Juni → Mietende 31. August.
  • Mehrere Mieter: Bei einer Gesamtschuldnerschaft müssen alle im Mietvertrag genannten Personen unterschreiben. Wird eine Unterschrift vergessen, ist die Kündigung insgesamt unwirksam.

1.2 Sonderkündigungsrechte des Mieters

Anders als die ordentliche Kündigung ermöglichen Sonder­kündigungsrechte eine verkürzte bzw. außerordentliche Beendigung:

RechtsgrundlageKonstellationFrist
§ 561 BGB Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete Bis zum Ablauf des zweiten Monats nach Zugang der Erhöhungserklärung
§ 540 Abs. 1 BGB Verweigerung der Untermieterlaubnis ohne wichtigen Grund Fristlos –
nach erfolgloser Fristsetzung
§ 569 Abs. 1 BGB Gesundheitsgefährdende Mängel (z. B. Schimmel) Fristlos –
„angemessene“ Räumungsfrist
§ 314 BGB Grober Vertragsbruch des Vermieters
(z. B. unberechtigter Betreten der Wohnung)
Fristlos –
nach erfolgloser Abmahnung

2. Ordentliche Kündigung durch den Vermieter (§ 573 BGB)

Vermieter dürfen nur kündigen, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Die Erklärung muss sämtliche Tatsachen konkret schildern; allgemeine Floskeln („Eigenbedarf wegen Familienzuwachs“) reichen nicht.

2.1 Typische Kündigungsgründe

  1. Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) – für sich, Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Eltern, aber auch z. B. Pflegepersonal oder Haushaltsangehörige. Bei Kapital­gesellschaften als Vermieter ist Eigenbedarf ausgeschlossen (kein „Unternehmensbedarf“).
  2. Erhebliche Pflichtverletzung des Mieters (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) – etwa dauerhafte Mietrückstände ≥ zwei Monatsmieten, schwere Störungen des Hausfriedens oder unerlaubte Gebrauchs­überlassung nach Abmahnung.
  3. Wirtschaftliche Verwertung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) – wenn die Fortsetzung die wirtschaftliche Nutzung unzumutbar beeinträchtigt (z. B. geplanter Abriss zwecks Neubau). Eine bloß höhere Rendite genügt nicht.

2.2 Kündigungsfristen des Vermieters (§ 573c BGB)

  • Bis 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate
  • Mehr als 5 Jahre: 6 Monate
  • Mehr als 8 Jahre: 9 Monate

Für möblierte Einliegerzimmer im selben Haus kann der Vermieter sogar mit verkürzter Frist (mindestens zwei Wochen zum Monatsende) kündigen (§ 573c Abs. 3 BGB).

2.3 Sozialklausel & Widerspruch (§§ 574 ff. BGB)

Der Mieter kann einer wirksamen Vermieter­kündigung widersprechen, wenn sie eine unzumutbare Härte darstellt. Beispiele:

  • hohes Alter / Pflegebedürftigkeit
  • Schwangerschaft im letzten Drittel
  • unzumutbare Wohnraumsituation (kein Ersatzwohnraum)

Formerfordernis: schriftlicher Widerspruch spätestens zwei Monate vor Beendigungstermin. Versäumt der Mieter diese Frist, kann das Gericht den Widerspruch trotzdem zulassen, wenn die Verspätung entschuldbar ist.

3. Außerordentliche (fristlose) Kündigung (§§ 543, 569 BGB)

Eine fristlose Kündigung ist nur zulässig, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Frist unzumutbar wäre.

3.1 Durch den Vermieter

  • Zahlungsverzug: Zwei aufeinanderfolgende Monatsmieten oder ein Rückstand von ≥ zwei Monatsmieten insgesamt.
  • Schwerwiegende Vertragsverstöße: z. B. beharrliche Störung des Hausfriedens, vorsätzliche Beschädigung der Mietsache.

3.2 Durch den Mieter

  • Gesundheitsgefährdende Mängel (Schimmel, Asbest) trotz erfolgloser Fristsetzung.
  • Unbefugtes Betreten der Wohnung durch den Vermieter ohne Notfall oder Zustimmung.

Tipp: Vor jeder fristlosen Kündigung ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, es sei denn, sie ist offensichtlich erfolglos oder beide Seiten haben bereits deutlich gemacht, dass eine Fortsetzung ausgeschlossen ist.

4. Kündigung in Wohngemeinschaften (WGs)

Die Rechtslage hängt von der Konstruktion des Mietvertrages ab:

4.1 Alle Bewohner sind Hauptmieter

Gesamtschuld: Nur eine gemeinsame Kündigung beendet den Vertrag. Zieht jemand allein aus, bleibt er für Miete und Schäden haftbar, bis der Vermieter einer Vertragsänderung zustimmt. Empfehlung: Aufhebungsvertrag oder Nachmieter-Klausel vereinbaren.

4.2 Ein Hauptmieter mit Untermietern

Der Hauptmieter kann das Verhältnis zum Vermieter ordentlich kündigen; automatisch enden dann alle Untermietverhältnisse (§ 546 Abs. 2 BGB). Umgekehrt kann er einem Untermieter ordentlich oder außerordentlich kündigen (Mietrecht light mit deutlich kürzeren Fristen bei möblierten Zimmern).

4.3 Einzelmietverträge mit dem Vermieter

Jeder Bewohner ist „sein eigener“ Hauptmieter mit individuellen Rechten und Pflichten. Zieht nur eine Person aus, berührt das die übrigen Verträge nicht.

5. Organisatorische Schritte nach der Kündigung

5.1 Wohnungsabnahme & Protokoll

Protokollpflicht: Ein gemeinsames Übergabeprotokoll verhindert Streit über Schäden. Fotografieren Sie alle Räume, Zählerstände und Schlüssel. Lassen Sie sich das Protokoll von beiden Seiten unterschreiben.

5.2 Renovierung & Schönheitsreparaturen

Die meisten Klauseln zur „Endrenovierung ohne Wenn und Aber“ sind laut aktueller BGH-Rechtsprechung unwirksam. Maßgeblich sind tatsächlicher Renovierungsbedarf und die Wirksamkeit der jeweiligen Vertragsklausel. Tipp: Vorab beim Mieterverein oder Fachanwalt prüfen lassen.

5.3 Kautionsrückzahlung

Der Vermieter darf die Kaution (plus Zinsen) erst nach der Betriebskosten­abrechnung einbehalten. In der Praxis gilt eine Prüffrist von drei bis sechs Monaten; bei strittigen Schäden kann sich die Auszahlung länger verzögern. Fordern Sie die Kaution schriftlich an und setzen Sie eine Frist.

5.4 Umzug & Ummeldung

  • Rundfunkbeitrag abmelden / neue Adresse mitteilen
  • Postalischen Nachsendeauftrag (DHL) einrichten
  • Strom, Gas, Internet kündigen oder ummelden
  • Einwohnermeldeamt: An-/Abmeldung binnen zwei Wochen (§ 17 BMG)

6. Muster für ein Mieterkündigungsschreiben

Max Mustermann
Musterstraße 1
12345 Musterstadt

An den/die Vermieter*in
Frau/Herr Beispiel
Beispielweg 2
12345 Musterstadt

Musterstadt, 19.06.2025

Ordentliche Kündigung des Mietvertrages
für die Wohnung Musterstraße 1, 1. OG rechts

Sehr geehrte(r) Frau/Herr Beispiel,

hiermit kündige ich den oben genannten Mietvertrag fristgerecht zum
31. August 2025 (§ 573c Abs. 1 BGB).

Bitte bestätigen Sie mir den Erhalt dieser Kündigung sowie den
Rückzahlungstermin der Kaution schriftlich. Ich schlage für die Wohnungsübergabe
den 25. August 2025 vor; teilen Sie mir gern alternative Termine mit.

Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)

Max Mustermann
  

7. Checkliste für Mieter – Schritt für Schritt

  1. Kündigung fristgerecht und schriftlich verschicken
  2. Räumungstermin und Übergabeprotokoll abstimmen
  3. Renovierungs- und Reinigungsarbeiten prüfen / durchführen
  4. Zählerstände dokumentieren, Fotos machen
  5. Alle Schlüssel bereitstellen (inkl. Nach- und Briefkastenschlüssel)
  6. Kaution schriftlich anfordern (Frist setzen)
  7. Nachsendeauftrag, Ummeldung, Vertragsanpassungen organisieren

8. Häufige Fragen (FAQ)

Kann ich per WhatsApp kündigen?
Nein. Ohne Originalunterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur ist die Kündigung unwirksam.

Wie lange kann der Vermieter die Kaution einbehalten?
Solange er konkret Forderungen (Betriebskosten, Schäden) erwartet. Üblich sind bis zu sechs Monate.

Muss ich dem Vermieter Besichtigungen ermöglichen?
Ja, aber nur nach vorheriger Terminabsprache und in angemessenem Umfang (werktags, zwei bis drei Termine pro Woche).

Wer zahlt Renovierung bei Eigenbedarf?
Grundsätzlich der Mieter, sofern wirksame Schönheitsreparaturklausel und tatsächlicher Renovierungsbedarf vorliegen.

9. Rechtsschutz & Beratung

Mietervereine bieten für einen Jahresbeitrag (ca. 50–120 €) umfassende Rechtsberatung und Prozess­kosten­hilfe. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten – aber nur für Streitigkeiten, die nach Vertrags­beginn entstehen (Wartezeit!).

10. Wichtige Gesetzesquellen (BGB)

  • §§ 535 ff. – Allgemeine Mietvorschriften
  • § 540 – Gebrauchsüberlassung an Dritte (Untermiete)
  • § 561 – Sonderkündigungsrecht bei Mieterhöhung
  • §§ 563 ff. – Eintrittsrechte bei Tod des Mieters
  • §§ 573 ff. – Ordentliche Kündigung
  • §§ 574 ff. – Sozialklausel
  • §§ 543, 569 – Außerordentliche Kündigung
  • § 580a – Besondere Kündigungsfristen für Mietverhältnisse über Räume

Stand: 19. Juni 2025 – Alle Angaben ohne Gewähr, ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.